Interviews mit Absolvent:innen eines FSJ bei der Lebenshilfe Duisburg

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Interview mit Anna Wittkamp, Mitarbeiterin in Ausbildung in der KITA «Wunderland» und ehemalige FSJerin der Lebenshilfe Duisburg

Frage: Wie bist du auf die Idee gekommen, ein FSJ bei der Lebenshilfe zu machen?

Anna: Wenn ich ganz ehrlich bin, war nach dem ABI ein soziales Jahr nötig, damit ich das Vollabi erreiche und als dann eine Freundin mir einen Zeitungsartikel von der Lebenshilfe zeigte, hab ich einfach mal eine Bewerbung geschrieben. Durch mein Praktikum in einer Regelgruppe eines Kindergartens, hatte ich schon Erfahrung mit Kindern, wollte aber auch die spannende Arbeit mit Kindern die eine Beeinträchtigung haben, kennen lernen. Da passte die Lebenshilfe sehr gut.

Frage: Was waren deine Hauptaufgaben im FSJ?

Anna: Ich habe zwei Kinder als Integrations-Assistentin in einer Kindertagesstätte der Lebenshilfe Duisburg betreut. Diese Form der Betreuung von gleichzeitig zwei Kindern nennt man Tandem. Ein Kind hatte Diabetes Typ 1 und das andere Kind hatte eine starke Entwicklungsverzögerung und eine Gehbeeinträchtigung. Meine Hauptaufgaben waren die Kontrolle der Zuckerzufuhr über die Insulinpumpe zu überwachen, den Zuckerhaushalt zu prüfen und aufrecht zu erhalten und die Kommunikation mit anderen Kindern zu unterstützen und zu fördern.

Frage: Was gefiel dir im FSJ am besten?

Anna: Mir gefiel besonders gut, dass ich mit allen Kindern Kontakt hatte und so auch meine beiden gut integrieren konnte. Ich bin sofort super ins Team aufgenommen worden und mir wurde sehr viel Freiheit zur Selbstentwicklung gelassen. Egal wen ich gefragt habe, jeder hat versucht mir zu helfen. Besonders gut fand ich auch die FSJ Seminare welche von der Lebenshilfe NRW für die ganzen FSJler der Lebenshilfen organisiert wurden. Es sind richtige Freundschaften entstanden, die ich immer noch pflege. Von der Lebenshilfe Duisburg bekamen wir interessante Fortbildungen angeboten, die mir in der alltäglichen Arbeit geholfen haben und alle paar Monate haben wir FSJler mit unserer Koordinatorin ein Reflexionstreffen gehabt, an dem wir uns alle auch austauschen konnten. Dies gefiel mir auch sehr gut. Durch die Mitarbeit an Lebenshilfe Veranstaltungen bekam ich sogar einen Einblick in die Organisation von großen Events.

Frage: Du musstest auch auf Seminare fahren- wie hast du diese gefunden?

Anna: Gut! Die waren richtig spaßig. Nie langweilig, abwechslungsreich gestaltet, viele Spiele, eine gute Versorgung durch die Bildungshäuser in denen wir gewohnt haben und nette Bildungsreferenten, die wir immer um Hilfe fragen konnten. Es war ein familiäres und geselliges Beisammensein, auch nach den offiziellen Seminareinheiten.

Frage: Was konntest du dort alles mitnehmen?

Anna: Ich habe viel über Behinderungsbilder gelernt und erfahren. Die Lerninhalte waren breitgefächert, über Ernährung, den Umgang mit Menschen die eine Beeinträchtigung haben und viele Selbsterfahrungen. Zum Beispiel haben wir zu Kaffee und Kuchen simuliert wie es ist blind zu sein, indem wir Brillen auf bekommen haben, die alles verdunkelten. Um die Barrierefreiheit aus zu testen, waren wir am Abend mit einem Rollstuhl unterwegs, um Taubheit zu simulieren mit Kopfhörern. Diese Erfahrungen haben uns viel gebracht.

Frage: Konntest du auch mal in andere Bereiche der Lebenshilfe Duisburg schnuppern?

Anna: Ja ich habe im Freizeitbereich eine Reitgruppe betreut. Da ich aber die KITA als Einsatzort sehr genossen habe und früh wusste, dass ich dort bleiben möchte, hatte ich gar kein großes Interesse andere Bereiche kennen zu lernen. Viele meiner Freunde haben dies aber sehr genutzt, z.B. hat meine Freundin mal den Physiotherapeuten begleitet und stand auf einmal bei mir in der KITA, um dort Kinder zu therapieren. Das war witzig.

Frage: Was nimmst du aus deinem FSJ mit?

Anna: Definitiv die Entscheidung Erzieherin zu werden! Das FSJ hat mir den nötigen Schwung gegeben, um mich zu entscheiden, denn vorher hatte ich noch nicht so die Ahnung was ich mal werden möchte. Durch das FSJ bin ich auch viel Selbstständiger und überlegter geworden und habe auch viel mehr Selbstvertrauen. Neben dem angelernten Fachwissen (z.B. über Diabetes, Ernährung und Insulin) habe ich nun aber auch eine andere Einstellung zum Umgang mit Menschen die eine Beeinträchtigung haben.

Frage: Wie ist deine weitere Planung?

Anna: Nach dem FSJ habe ich die PIA Ausbildung zur Erzieherin angefangen und bin in meinem praktischen Teil 3 Tage in der Kita und zwei Tage in der Erzieherschule. Zum Glück kann ich meinen praktischen Teil in meiner FSJ-Lebenshilfe KITA absolvieren.

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Interview mit Vanessa John, ehem. FSJlerin im Inklusionsdienst (2015-2016)

Frage: Wie bist du auf die Idee gekommen ein FSJ bei der LH Duisburg bzw. in der Behindertenhilfe zu absolvieren?

VANESSA: Auf die Idee gekommen, ein FSJ zu absolvieren, bin ich dadurch, dass ich für meine Wunschausbildung – Erzieherin – ein Jahrespraktikum oder FSJ als Einstiegsvoraussetzung benötigte. Meine Hoffnung war, in einem Freiwilligen Sozialen Jahr eine breitere Palette kennenzulernen als in einem Jahrespraktikum. Da ich schon jemanden kannte, der ebenfalls sein FSJ bei der Lebenshilfe absolviert hat, stand für mich relativ schnell fest- da möchte ich auch hin. 

Frage: Möchtest du später eine Ausbildung/ein Studium im Bereich Soziales oder Pädagogik beginnen?

VANESSA: Eine Ausbildung im Bereich Pädagogik habe ich nun nach dem FSJ begonnen und ich kann mir definitiv vorstellen, mich danach noch in Richtung Soziale Arbeit oder Heilpädagogik weiterzubilden. 

Frage: Von welchen Erfahrungen aus deinem FSJ kannst du profitieren?

VANESSA: Ich gehe viel offener und motivierter an neue Herausforderungen heran und dadurch, dass ich mit Menschen von jung bis alt arbeiten durfte, kann ich viele Verhaltensweisen schneller nachvollziehen oder verstehen.

Frage: Was waren deine Hauptaufgaben im FSJ?

VANESSA: Meine tägliche Arbeit war die Schulinklusion. Ich betreute eine 9-Jährige Schülerin in der 4. Klasse einer Grundschule mit der Diagnose ADHS. Hauptsächlich war ich also da, sie emotional zu unterstützen, wenn sie mit ihrer Gefühlslage nicht umgehen konnte, und sie zu motivieren, wenn sie mal gar keine Lust hatte, Aufgaben zu erledigen oder mitzuarbeiten. Ich war also ein fester Teil der Klasse. Des Weiteren war ich aktiv in drei Freizeitgruppen – der Kegel-, der Schwimm-, und der Chaosgruppe. Im Vordergrund der Gruppen steht ganz klar, den Menschen eine Freude zu bereiten, sich frei entfalten zu können und trotzdem immer auf Unterstützung durch uns Betreuer bauen zu können. Neben der Schulinklusion und den Gruppenaktivitäten kamen hin und wieder Aktionstage und Events der Lebenshilfe hinzu, wie z.B. der Weltkindertag, an dem wir FSJler zusammen mit anderen Lebenshilf’lern den Stand betreuen und Kinder schminken durften, die Eröffnungsfeier des inklusiven Kindergartens, Tausendfüssler der Lebenshilfe in Meiderich, an der jeder seine eigene Aufgabe hatte (Kinder beim Spielen begleiten, Kinderschminken, als Maskottchen Fotos machen etc.) oder das Eisfest, das alljährlich zelebriert wird, an dem wir in der Eishalle Duisburg Wedau zwei Spielstände betreuen durften. 

Frage: Was gefiel dir an deinem FSJ besonders gut?

VANESSA: Am meisten gefällt mir die Arbeit mit den vielen verschiedenen Charakteren. Man lernt in jeder Gruppe und an jedem Aktionstag immer wieder neue Leute kennen, die alle aus dem selben Grund dort sind. Das motiviert und macht vor Allem viel Spaß. Außerdem lässt die Lebenshilfe viele Möglichkeiten zu, sich selbst auszuprobieren und weiterzubilden. 

Frage: Was sind Bildungstage (was lernt man?) und wie viele musst du absolvieren?

VANESSA: Es gibt sowohl interne, als auch externe Bildungstage. Insgesamt absolviert man 25 Tage. Zu den internen Bildungstagen (2 Tage) gehören u.a. Mitarbeiter-Bildungsseminare der Lebenshilfe Duisburg oder FSJ-Reflexionstreffen, zu denen man sich in Kleingruppen oder der gesamten FSJler-Gruppe trifft um gemeinsam Themen zu erarbeiten oder den bisherigen FSJ-Weg zu reflektieren. Solche Treffen sind meist ganz spannend, denn man erfährt auch, was für Erfahrungen die anderen gesammelt haben und ob es Gemeinsamkeiten gibt. 

Bei den externen Bildungstagen (23 Tage) handelt es sich um mehrtägige Seminare, zu denen man in ein Hotel der Lebenshilfe eingeladen wird. Das Hotel liegt idyllisch hinter einigen Feldern und ist umgeben von der Wupper. Zwar ein wenig fernab der Realität, aber es gibt viele Angebote, die Freizeit nach der Seminarzeit dort zu nutzen. Jeden Tag geht es um ein bestimmtes Thema, wie z.B. Krankheitsbilder, Umgang mit Trauer, Freizeitangebote, Pflege, Medienkompetenz etc. Außerdem gibt es in fast allen Themen, Aspekte, die man auf sich selbst beziehen muss und somit lernt man während der externen Bildungstage auch noch eine Menge über sich selbst und beginnt auch teilweise unbewusst sich selbst zu reflektieren. Der Seminartag endet meist gegen 17 Uhr und danach ist freigestellt was man unternehmen möchte. Es gibt einen Pool, eine Sauna, ein großes Fußballfeld, Tretboote, einen Billardtisch… langweilig wird es definitiv nicht. Die Gruppe besteht aus Lebenshilfe-FSJlern aus ganz NRW und so lernt man auch andere FSJler kennen, die z.B. in völlig anderen Bereichen tätig sind und kann sich austauschen. 

Frage: Konntest du auch in anderen Bereichen hospitieren und wenn ja, wo?

VANESSA: Wenn ich gewollt hätte, hätte ich auch in anderen Bereichen hospitieren können. Man kann durchaus auch Tage im Büro verbringen, um auch mal hinter die Kulissen zu schauen, oder einen Tag in der Tagesgruppe oder einem der Kindergärten hospitieren um eben andere Eindrücke zu sammeln.

Frage: Würdest du das FSJ bei der Lebenshilfe Duisburg weiterempfehlen?

VANESSA: Definitiv würde ich das FSJ bei der Lebenshilfe Duisburg weiterempfehlen, da es eine wunderbare Möglichkeit ist viele Einblicke in die inklusive Arbeit zu bekommen und selbst herauszufinden, ob der Bereich zu einem passt. Man lernt viele Menschen kennen, entwickelt sich durch die vielen Tätigkeiten und Möglichkeiten weiter und hat auch nach dem FSJ noch die Möglichkeit, bei der Lebenshilfe zu bleiben. Außerdem gibt es viel Unterstützung seitens der Lebenshilfe und es wird versucht sich um jegliche Problemchen schnellstens zu kümmern – man steht also nie alleine da! 

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Interview mit Felix Köllner, FSJ-Sprecher, Einsatz in der Heilpädagogischen Tagesgruppe

Frage: Wie bist du auf die Idee gekommen ein FSJ bei der LH Duisburg in der Behindertenhilfe zu absolvieren?

FELIX: Durch meinen Lebenslauf und meine Ausbildung in der Logopädie hatte ich bereits einige Erfahrungen im sozialen und medizinischen Bereich gesammelt. Zudem war mir klar, dass ich mir ein Sonderpädagogik-Studium sehr gut vorstellen kann und ich hatte eine Vision genau in diesem Bereich arbeiten zu können. Weil ich mir jedoch speziell im Bereich der Behindertenarbeit noch mehr und praxisorientiertere Erfahrungen wünschte, kam ich auf die Idee mich durch ein FSJ genau in diesem Bereich zu erproben.

Frage: Möchtest du später eine Ausbildung / ein Studium in Bereich Soziales oder Pädagogik beginnen?

FELIX: Ja! Ich habe vor Sonderpädagogik auf Lehramt oder Soziale Arbeit zu studieren.

Frage: Von welchen Erfahrungen aus deinem FSJ kannst du jetzt schon profitieren?

FELIX: Dadurch, dass wir in der Tagesgruppe, in welcher ich eingesetzt bin einen bunt gemischten Haufen verschiedener Kinder betreuen und im Alltag begleiten, konnte ich schon einige Erfahrungen sammeln: ich kann nun Störungsbilder wie den Autismus noch besser einordnen. Ich habe ein besseres Einschätzungsvermögen erhalten, welche Angebote man welchem Kind anbieten kann ohne dieses zu über- oder unterfordern Ich kann nun zielgerechter Hilfestellungen geben. Und ich habe bestimmt noch einiges mehr bisher mitnehmen können.

Frage: Was sind deine Hauptaufgaben im FSJ?

FELIX: Ich betreue eine Kindergruppe von acht behinderten Kindern in einer Tagesgruppe. Diese haben unterschiedliche Einschränkungen und Schweregrade, von sozialen und emotionalen Schwächen und Lernbehinderungen bis hin zu geistigen Behinderungen und Autismus. Ich begleite oft den Fahrdienst, da wir die Kinder von den Förderschulen abholen und zur Tagesgruppe bringen. Oft fahre ich auch einen Dienstwagen um einige Kinder abzuholen.

Nachdem sich alle Kinder in der Tagesgruppe eingefunden haben, wird gemeinsam zu Mittag gegessen. Hilfsarbeiten wie die Küchenarbeit und das Kochen für die Kinder gehören auch zum Arbeitsfeld des FSJlers und die Wochenaufgaben wie den Bringdienst, das Kochen, oder die Küchenhygiene werden wöchentlich aufgeteilt.

Anschließend werden gemeinsam mit den Kindern Angebote durchgeführt, die an die Jahreszeit oder einem bestimmten Thema angepasst sind. Über den Tag hinweg wird auch im Freispiel gespielt, gebastelt oder die Hausaufgaben der Kinder begleitet. Der Abschluss des Tages ist eine Abschlussrunde, in welcher man mit den Kindern gemeinsam reflektiert. Zuletzt werden die Kinder mit verschiedenen Touren nach Hause gebracht, hierbei beteilige ich mich auch täglich.

Innerhalb der Ferien findet eine Ferienbetreuung statt, wo man Ausflüge oder Aktionstage mit den Kindern verbringt. Ich habe mich zum Beispiel auch für die Stadtranderholung der Lebenshilfe eingesetzt und diese mit organisiert und durchgeführt. Wir hatten das Thema Mittelalter und haben eine Woche lang, Bastel- und Spielaktionen, die etwas mit dem Mittelalter zu tun hatten, angeboten.

Frage: Was gefällt dir am FSJ besonders gut?

FELIX: Die ehrlichen Rückmeldungen der Kinder. Man merkt sofort, wenn die Aktion, welche man anbietet den Kindern Spaß macht und man diese mitreißen kann, auch mal über Ihre Grenzen hinaus zu wachsen.

Frage: Was sind Bildungstage? Was lernt man? Und wieviele muss man absolvieren?

FELIX: Bildungsseminare sind zwei bis drei stündliche Sitzungen, in welchen man einen Vortrag zu einem bestimmten Thema, wie z.B. Autismus erhält. So kann man Fachwissen erlangen und die Praxis mit einem bisschen Theorie festigen. Zudem fährt man auf Seminarreise, in welcher man fünf Tage lang mit einigen anderen FSJlern zusammen, jeweils täglich acht Stunden in verschiedenen Bereichen geschult wird. Man muss mindestens 16 Bildungsstunden und drei Wochen Seminarreise vorweisen.

Frage: Kannst du auch in anderen Bereichen hospitieren und wenn ja, wo?

FELIX: Ich kann zum Beispiel in der Familienhilfe, der Therapiestunden der Kinder oder in der Schule hospitieren und dort auch einige Erfahrungen sammeln.

Frage: Würdest du ein FSJ der LH Duisburg weiterempfehlen?

FELIX: Ja, das würde ich. Ich finde man lernt einiges und erhält einen Praxisbezug im Bereich der Sonderpädagogik.